Biolandwirtschaft im österreichischen Waldviertel
von Susanne Wolf
Immer mehr Menschen haben Angst vor der Zukunft und das Gefühl, fremdbestimmt zu sein. Viele sind erschöpft und krank, wissen nicht mehr weiter. Zugleich gibt es eine wachsende Anzahl an Pionieren, die unserem ausbeuterischen System etwas entgegensetzen möchten und neue Wege gehen. Die zeigen, dass wir nicht so ohnmächtig sind, wie uns das Medien und Politik glauben machen möchten. In diesem Sinne beleuchtet auch Bio-Landwirt Hubert Stark Grundlagen, die zur Gesundung der Gesellschaft beitragen.
„Ich glaube von ganzem Herzen, dass wir Teil einer Bewegung sind, die größer und tiefer und weitgefächerter ist, als wir es uns in unseren kühnsten Träumen vorstellen können. Sie fällt komplett aus dem Radar der Medien, sie ist gewaltfrei, eine Graswurzelbewegung, sie benötigt weder Armeen noch Hubschrauber, sie hat keine zentrale Ideologie … Dies ist eine Bürgerrechtsbewegung, eine Menschenrechtsbewegung, eine Demokratiebewegung. Diese Bewegung schafft die Welt von morgen“, erklärt Umweltaktivist und Autor Paul Hawken. In einer viel zitierten Rede spricht er darüber, dass wir mehr bewirken können, als wir glauben.
GESUNDE BÖDEN
Auch Hubert Stark folgt dem Geist dieser Bewegung: Der österreichische Landwirt setzt mit seinem Bio-Bauernhof im nördlichen Waldviertel auf regenerative Landwirtschaft. Dort hält er nicht nur Schweine und Rinder, sondern befasst sich auch mit der Erhaltung gesunder Böden durch Humusaufbau. „Humus steht für lebendige Erde“, erklärt Stark, während er konzentriert in der Erde wühlt. „In der regenerativen Landwirtschaft geht es darum, Böden wieder zu beleben und Humus aufzubauen.“
Hubert Stark hat die Humusbewegung mitgegründet, um sein Wissen an andere Landwirte weiterzugeben. Er lernte bei Dietmar Näser, einem der Pioniere der regenerativen Landwirtschaft. „Mir war nicht klar, wie viel es bei der Bodenbearbeitung zu beachten gibt“, sagt Stark. „Es gilt, chemische und physikalische Prozesse zu verstehen.“ Wie Boden funktioniert, wird in der herkömmlichen Landwirtschaft wenig thematisiert, das Wissen darüber in den Ausbildungsstätten kaum gelehrt.
„Humus speichert nicht nur Kohlenstoff und Wasser, sondern auch wichtige Pflanzennährstoffe“, erklärt Stark, „und er trägt wesentlich zu einem ausgeglichenen, gesunden Boden bei. Durch Humusaufbau können Böden Ertragsschwankungen durch Trockenheit, Hitze oder Starkregen besser abfedern. Wasser wird länger gespeichert und ist somit auch in Trockenperioden verfügbar.
Ausschlaggebend für Hubert Starks Engagement war die Beobachtung, dass immer mehr Menschen krank und energielos sind und die Krankheiten sich verändert haben. „Für mich war klar, dass die Ernährung eine wichtige Rolle bei der Gesundheit spielt und hier energiereiche Nahrung ein wesentlicher Faktor ist.“ Bei kranken Böden sei jedoch nicht zu erwarten, dass die Menschen gesund sind.
„Wir haben die Humusbewegung gegründet, um unser Wissen weiterzugeben und die Bauern aus dem Kampfmodus zu bringen“, erklärt der Bio-Landwirt. „Es geht nicht mehr darum, Probleme zu bekämpfen, sondern darum, andere Fragen zu stellen, um uns mit der Natur zu versöhnen.“
Der Begriff „regenerativ“ stehe nicht nur für Landwirtschaft, sondern für einen ganzheitlichen Ansatz, der auch auf andere Bereiche wie Ernährung oder Gesundheit zutrifft. „Alle reden gerade von Biodiversität, zugleich haben wir nach wie vor Monokulturen auf den Feldern. Das passt nicht zusammen.“
IM HIER UND JETZT
Hubert Stark wusste bereits als Kind, dass er Bauer werden will – oder Pfarrer. „Heute ziehe ich wie ein Prediger durchs Land, das passt also auch“, lacht der 58Jährige. Bei Humusstammtischen und Vorträgen gibt er sein Wissen weiter. Die Haupttätigkeit liegt jedoch bei seinem Hof, den er gemeinsam mit seiner Frau Martina bewirtschaftet. „Ich höre immer wieder, ihr arbeitet so viel. Aber für mich fühlt es sich nicht so an, ich tue einfach, was zu tun ist“, sagt Stark und klingt dabei sehr entspannt.
Selbstreflexion und Achtsamkeit sind für ihn wesentlich. „Ich bin im Hier und Jetzt und denke nicht so viel über die Zukunft nach. Aus dieser Einstellung schöpfe ich meine Kraft.“ In seiner Freizeit verbringt Hubert Stark gerne Zeit mit seinen Enkelkindern, geht baden oder wandern. Und liest Bücher über seine größte Leidenschaft: Böden und Pflanzen. „Manchmal sitze ich auch nur da und mache gar nichts.“ Dass er nicht immer so entspannt war, gibt Stark gerne zu. „Ich bin dankbar, dass ich das heute so erleben darf.“
Die Humusbewegung bezeichnet der Landwirt als ökosoziale Friedensbewegung, er möchte positive Akzente setzen, statt Horrorszenarien zu verbreiten. Bei Vorträgen lässt er gerne Achtsamkeitsmomente einfließen. „Achtsame Menschen gehen automatisch anders mit dem Planeten um, mit Lebensmitteln oder Mitmenschen“, ist Stark überzeugt. „Wenn jeder Mensch a bissl mehr in den inneren Frieden käme, sähe der Planet anders aus.“