Da gab es zum Beispiel den Vergleich mit dem Blinddarm. Im ZDF hetzte Sarah Bosetti gegen ungeimpfte Menschen, indem sie sie mit einem Blinddarm gleichsetzte und meinte „so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essenziell für das Überleben des Gesamtkomplexes“. Ähnlich übrigens äußerte sich dereinst der SS-Arzt Fritz Klein – bereits im Dritten Reich war es populär, das Wort „Blinddarm“ auf Menschen anzuwenden, die man als lebensunwürdig betrachtet. Bosetti legte später noch nach. Sie entschuldigte sich ausdrücklich bei allen Blinddärmen mit den Worten: „Den Vergleich hattet ihr wirklich nicht verdient.“ Auch Wolfram Henn machte deutlich, dass man in der Gesellschaft gut ohne Ungeimpfte auskommen würde; zumindest sollte man sich nicht unbedingt bemühen, ihr Leben zu retten. Oder vielmehr, sie sollten selbst erkennen, dass sie im Ernstfall besser abtreten sollten. Der Humangenetiker schlug vor, Ungeimpfte sollten von sich aus auf künstliche Beatmung verzichten, wenn sie ein Covid-19-Notfall seien.
Unmenschlichkeit wie sie völlig selbstverständlich war während der von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgerufenen Covid-19-Pandemie. Um diese Unmenschlichkeit praktizieren zu können, wurde ein riesiges, ein verbrecherisches Täuschungsmanöver aufgefahren. Ein gigantischer Betrug, bei dem Regierungen ganz vorne mitgemischt haben. Natürlich, das ist längst bekannt, zumindest denen, die es wissen wollten. Bestätigt wird das nun auch durch ein auf den 18. Oktober 2023 datiertes Schreiben der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA, das vor gut 14 Tagen online veröffentlicht wurde. In den von der Vorsitzenden Emer Cooke unterzeichneten Ausführungen wird dargelegt, dass die Corona-Impfung weder vor Ansteckung noch vor Weiterverbreitung schützt – dafür sei sie auch nie bewilligt worden.
Übersetzt bedeutet das: Es lag zu keinem Zeitpunkt eine epidemiologische Grundlage vor, mit der man 2G oder 3G oder sonst irgendeine der aggressiv vorangetriebenen Maßnahmen hätte begründen können. Der von Regierungen und sogenannten Experten penetrant ausgegebene Slogan, mit einer Impfung schütze man sich nicht nur selbst, sondern auch alle anderen, war ebenso unberechtigt wie irreführend. Anders gesagt: Es hätte nie passieren dürfen, Menschen aufgrund des Covid-Impfstatus „Nicht geimpft“ in ihrer menschlichen Freiheit einzuschränken oder sonstwie zu drangsalieren. An mindestens juristischer Aufarbeitung führt daher kein Weg vorbei.
Nur ist das mit der Aufarbeitung so eine Sache. Sie will nicht in Gang kommen. Was unter anderem daran liegt, dass die, die aufklären müssten, die Medien, größtenteils selbst die Pandemie-Propaganda vorangetrieben haben. Auch die Mehrheit der Gesellschaft schaut weiterhin weg. Schuld- und Schamgefühle, die lieber verdrängt werden, spielen eine entscheidende Rolle.
Nun müsste man meinen, Deutschland wäre doch bereits gut geübt, schwer belastende Ereignisse aufzuarbeiten. Also müsste es gerade dort geradezu leicht über die Bühne gehen. Doch: Man möge sich nicht täuschen über die Bereitschaft zur Aufarbeitung in Deutschland. Gewiss, es gibt inzwischen eine fest etablierte Erinnerungskultur, aber sie wurde mühsam errungen und kam gegen viele Widerstände nach und nach in Gang.
Besonders deutlich zeigte sich das am Beispiel von Fritz Bauer. Als der Anwalt im Jahr 1949 von Dänemark nach Deutschland zurückkehrte, musste er bitter enttäuscht feststellen, dass die alten Strukturen teilweise noch intakt waren, dass alte Seilschaften weiterhin glänzend funktionierten. Er fand keine aufrichtige Bereitschaft, sich mit den Verbrechen des NS-Regimes auseinanderzusetzen. Von vielen Deutschen wurde die NS-Diktatur nicht als Unrechtsstaat angesehen – auch nicht von führenden Juristen. Die Selbstreinigung der Justiz war schon deshalb in den ersten Jahren der Bundesrepublik nicht vorangekommen, weil nach wie vor eine personelle Kontinuität bestand und also die während des NS-Regimes tätigen Richter und Staatsanwälte weitgehend die Positionen behaupteten.
Doch Bauer, der selbst mehrere Monate KZ-Häftling war, ließ sich nicht entmutigen und begann im Januar 1959 die Verbrechen von Auschwitz vor Gericht zu bringen, trotz enormer Widerstände. Bis dahin hatten die Täter im Westen unbehelligt leben können. Bei dem von ihm initiierten Frankfurter Prozessen, die von 1963 bis 1965 stattfanden, berichteten 211 Auschwitz-Überlebende zum ersten Mal , was sie erlebt hatten – also erst knapp 20 Jahre nachdem das verbrecherische Regime gestürzt worden war.
Zu Recht sagte Fritz Bauer: „Nichts gehört der Vergangenheit an, alles ist noch Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“
An Aufarbeitung führt auch dieses Mal kein Weg vorbei.
Ein langer Atem scheint nach wie vor notwendig. Es ist dies eine Sache für die Geduldigen und Beharrlichen unter uns.
Über den Autor
Sylvie-Sophie Schindler
Sylvie-Sophie Schindler, ist in Oberbayern aufgewachsen. Sie ist in Schauspiel, Philosophie und Pädagogik ausgebildet und hat weit über 1.500 Kinder auf ihrem Entwicklungsweg begleitet. Als Journalistin begann sie bei der Süddeutschen Zeitung, war jahrelang als Lokalreporterin für den Münchner Merkur tätig und belieferte Medien wie stern, VOGUE und GALORE mit ihren Texten. Zig tausend Artikel später orientierte sie sich im Journalismus neu, um frei und ohne Agenda schreiben zu können. Aktuell veröffentlicht sie unter anderem für die WELTWOCHE und Radio München. Sie ist Trägerin des Walter-Kempowski-Literaturpreises. Mit ihrem YouTube-Kanal DAS GRETCHEN will sie die Dialogbereitschaft stärken. In Vorträgen und in Netzwerken setzt sie sich für neue gesellschaftliche Wege ein, die auf Selbstorganisation, Herzoffenheit und freiem Denken gründen.