Sei mal nicht dabei

Meinungen werden unterdrückt, die Demokratie ist gefährdet. Es braucht mehr denn je Menschen, die sich der Masse entgegenstellen. Ein Plädoyer für das Außenseitertum.


Lautes Lachen. Jonathan Meese rennt mit einem Plastik-Laserschwert durch sein Berliner Atelier. Im nächsten Moment klettert er auf eine Leiter und spannt einen transparenten Mädchenschirm über sich aus. Ausgelassen fuchtelt er damit herum – und verletzt sich schließlich an der Stirn. Blut tropft. Wieder lautes Lachen. Jonathan Meese schaut mich übermütig an, während er mit einem Taschentuch über seine Stirn tupft und sagt: „Wir können beginnen.“ Das ist nun gut drei Jahre her. Ich traf den bekannten Maler, um ihn für das Magazin „Galore“ zu interviewen. 

Jonathan Meese gilt als Enfant terrible. Er selbst bezeichnet sich als „Spielkind“. Oder als „Seewolf“. Manchmal auch als „Robinson Crusoe“. Auf einer Insel alleine sein Ding durchzuziehen, das sei genau das Richtige. Überhaupt möge er, wie er mir erzählte, alle Einzelgänger, „die hart am Sturm segeln.“ Er kenne das, er sei immer isoliert gewesen, von Kindheit an. Kann man sich daran gewöhnen? Lieber alleine sein und nicht bei den anderen? Sind die anderen nicht ohnehin die Hölle, wie es bei Jean-Paul Sartre heißt? „Ich habe die Riesenschwäche, dass ich mich in Menschenmassen sauunwohl fühle.“ Er ist also gerne Außenseiter? „Es ist überhaupt nicht schlimm, nicht dazuzugehören“, versicherte mir Jonathan Meese. Und: „Man muss den Kindern heutzutage sagen, dass es eine Stärke ist, ein Außenseiter zu sein.“ Das mag sich wie eine Provokation anhören. Wer will schon am Rande stehen? Womöglich noch schief angesehen und ausgelacht, schlimmstenfalls gemobbt. Wolle…

Über den Autor

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Sylvie-Sophie Schindler, ist in Oberbayern aufgewachsen. Sie ist philosophisch und pädagogisch ausgebildet, und hat weit über 1.500 Kinder begleitet. Als Journalistin begann sie bei der Süddeutschen Zeitung und war jahrelang als Lokalreporterin für den Münchner Merkur tätig. Zig tausend Artikel später schreibt sie aktuell vor allem für die WELTWOCHE und Radio München. Sie ist Trägerin des Walter-Kempowski-Literaturpreises. Mit ihrem YouTube-Kanal DAS GRETCHEN setzt sie sich für den guten Dialog ein.

In unserer Kolumne stellt sie die Fragen, die gerade in der Luft liegen.

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